PATIENTENINFOS  » Das Gallensteinleiden

Wie kommt es zu Gallensteinen?
Gallensteine entstehen fast ausschliesslich in der Gallenblase. Die Gallenblase hat die Funktion eines Reservoirs, in dem Galle, welche konstant von der Leber gebildet und über die Gallenwege und den Gallengang in den Zwölffingerdarm zur Fett-Verdauung ausgeschieden wird, gespeichert werden kann (Abbildung 1).

Die Galle wird in der Gallenblase zum Teil eingedickt (z.B. beim fasten) und bei Bedarf, z.B. nach Nahrungsaufnahme, von der Gallenblase in den Zwölffingerdarm ausgeschieden. Gallensteine können aufgrund einer gestörten Zusammensetzung der Galle oder aber aufgrund einer Entleerungsstörung der Gallenblase entstehen. Rund 80% aller Gallensteine bestehen aus Cholesterin. Wird zuviel Cholesterin von der Leber in die Galle ausgeschieden, kann dieses nicht mehr in Lösung gehalten werden und es kommt zum Auskristallisieren von Cholesterin in die Gallenblase und dem Heranbilden von Gallensteinen, welche kontinuierlich an Grösse zunehmen können (siehe Abbildung 2). Daneben spielen auch hormonelle Faktoren wie z.B. der Einfluss des Oestrogens eine Rolle, welches eine vermehrte Cholesterinausscheidung in die Galle bewirkt. Dies erklärt auch, warum Frauen und Schwangere viel häufiger von Gallensteinen betroffen sind als Männer.

Wie häufig sind Gallensteine?
Gallensteine treten in der Bevölkerung von reichen Industriestaaten im Vergleich zur Bevölkerung von Entwicklungsländern viel häufiger auf. Dies hängt in erster Linie mit der in unseren Breiten fettreicheren Ernährung, dem höheren Anteil übergewichtiger Personen sowie mit dem Erreichen eines höheren Lebensalters zusammen. Wie erwähnt sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Auch spielt das Alter einen entscheidenden Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, Gallensteine zu besitzen. Bei Frauen unter 50 Jahren liegt diese Wahrscheinlichkeit noch bei 10%, während bei den Männern der gleichen Altersgruppe ca. 5% betroffen sind. Hingegen besitzen rund 35% der 75-jährigen Frauen Gallensteine. Bei den 75-jährigen Männern liegt diese Zahl bei 15-20%. Anders ausgedrückt heisst dies, dass jede dritte Seniorin und jeder fünfte Senior Gallensteinträger ist.

Wie machen sich Gallensteine bemerkbar?
Das Gallensteinleiden äussert sich in den meisten Fällen durch eine akut einsetzende Gallenkolik. Als Gallenkolik definiert man einen heftigen, krampfartigen, rechtsseitigen Oberbauchschmerz, welcher häufig nachts nach einem üppigen Mahl auftritt, und unbehandelt 15 Minuten bis mehrere Stunden anhalten kann. Gelegentlich wird der Schmerz von Uebelkeit und Brechreiz begleitet. Die Schmerzen verschwinden entweder spontan oder durch die Einnahme von krampflösender Medikamente (Spasmolytika).

Welche Abklärungen sind notwendig?
Ist es zum Auftreten einer Gallenkolik oder ähnlicher Schmerzen gekommen, sollte als nächster Schritt eine Ultraschalluntersuchung des Oberbauches durchgeführt werden. Mit dieser nicht belastenden Untersuchung können mit einer Treffsicherheit von über 95% vorhandene Gallensteine in der Gallenblase nachgewiesen werden. Sind die Schmerzen nicht sicher der Gallenblase zuzuordnen, empfiehlt sich die zusätzliche Durchführung einer oberen Magen-Darm Spiegelung, um Magenentzündungen oder Magen-/Darm Geschwüre differentialdiagnostisch auschliessen zu können.

Drängt sich immer eine Behandlung auf?
Nicht alle Gallensteinträger bedürfen einer Behandlung. Nur solche, bei denen die Gallensteine Beschwerden oder Komplikationen verursachen, sollten eine Behandlung Ihrer Gallensteine in Anspruch nehmen. Denn, rund zwei Drittel der Gallensteinträger werden Ihr Leben lang ohne Beschwerden von Seiten der Gallensteine bleiben. Allerdings, sind erst einmal Beschwerden aufgetreten, ist eine Behandlung der Gallensteine zu empfehlen, da die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens von Beschwerden ca. 50%/Jahr und des Auftretens von schweren Komplikationen 1 bis 2%/Jahr beträgt.

Mögliche Komplikationen von Gallensteinen.
Es gibt drei wichtige Komplikationen von Gallensteinen. Erstens kann sich eine Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) entwickeln mit entzündlich verdickter Gallenblasenwand. Die Patienten entwickeln rechtsseitige Oberbauchschmerzen, Fieber und erhöhte Entzündungswerte in der Blutuntersuchung. Unbehandelt kann es zu einer schweren Blutvergiftung mit der Gefahr einer Gallenblasenperforation kommen. Die zweite schwerwiegende Komplikation ist die steinbedingte Gelbsucht mit Entzündung der Galle (Cholangitis). Gallensteine können je nach Grösse die Gallenblase verlassen und im Gallengang stecken bleiben (siehe Abbildung 3). Als Folge kommt es zum Rückstau der Galle in die Leber (Gelbsucht oder Ikterus) bzw. zur bakteriellen Besiedelung der Galle (Cholangitis). Die dritte Möglichkeit ist die Entwicklung einer Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis). Da die Bauchspeicheldrüse zusammen mit dem Gallengang in den Zwöffingerdarm einmündet (Abbildung 3), kann ein an der Einmündungsstelle eingeklemmter Gallenstein zum Rückstau von Pankreassekret in die Bauchspeicheldrüse führen, mit in der Folge Auftreten einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung.

Wie behandelt man Gallensteine?
Bei Beschwerden oder Komplikationen verursachenden Gallensteinen gilt heute die laparoskopische Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) als Therapie der Wahl. Dabei wird die Gallenblase (und mit ihr die Gallensteine) durch vier kleine Schnitte in der Bauchdecke mit Hilfe einer in die Bauchhöhle eingebrachten Kamera und verschiedenen Arbeitsinstrumenten entfernt (Abbildungen 4 und 5).

Der Vorteil dieser auch als minimal-invasiv bezeichneten chirurgischen Technik liegt im Patientenkomfort mit im Vergleich zur offenen Operation weniger postoperativen Schmerzen und kleinerer Narbenbildung. Ebenso treten bei dieser Operationstechnik weniger postoperative Verwachsungen auf und auch die Gefahr eines Narbenbruches kann minimiert werden. Blieben die operierten Patienten früher noch eine Woche bis zehn Tage im Spital, beträgt die Hospitalisationszeit heute 1-2 Tage. Allerdings lässt sich die laparoskopische Gallenblasenentfernung nicht immer in allen Fällen durchführen. Bei schwerem Verwachsungsbauch nach vorausgegangenen Operationen sowie bei schwerer eitriger Gallenblasenentzündung muss auch heute noch gelegentlich (unter 5%) auf die offene Operationsmethode umgestiegen werden.
Spezielle Erwähnung bedürfen die Gallengangssteine. Diese werden, falls sie nicht spontan abgehen, durch eine als „ERCP“ genannte Methode entfernt. Die Untersuchung gleicht einer Magenspiegelung, wobei das Endoskop bis in den Zwölffingerdarm vorgeschoben wird mit Einführen des Endoskpieinstrumentes in den Gallengang. Unter Sicht können dann die meisten Gallengangsteine mit speziellen Instrumenten entfernt werden. Sind weitere Gallensteine in der Gallenblase verblieben, sollte im Anschluss an die ERCP-Untersuchung eine laparoskopische Gallenblasenoperation durchgeführt werden. Die Steinzertrümmerung und die medikamentöse Gallensteinauflösung werden heute praktisch nicht mehr durchgeführt, da sich nur wenige Patienten für diese langwierigen, nicht operativen Behandlungsalternativen eignen (nur unverkalkte Gallensteine können zertrümmert oder aufgelöst werden) und sich bei rund 50% der so behandelten Patienten in den ersten 5 Jahren nach Behandlungsabschluss erneut Gallensteine in der Gallenblase bilden. Hingegen besteht praktisch keine Gefahr für das Wiederauftreten von Gallensteinen nach operativer Entfernung der Gallenblase, da sich die Gallensteine fast ausschliesslich nur in der Gallenblase bilden.

Entstehen Nachteile beim Fehlen der Gallenblase?
Aufgrund des heutigen Wissenstandes entstehen durch das Fehlen der Gallenblase keine eigentlichen Nachteile. Bestandteile der Galle (Gallensäuren) werden in einem Teil des Dünndarmes wieder aufgenommen und in der Leber erneut in die Galle ausgeschieden. Nach Fehlen der Gallenblase mit ihrer Reservoirfunktion wird dieser Gallensäuren-Kreislauf angekurbelt und somit das Fehlen der Gallenblase zum grössten Teil wettgemacht. Nach zwei bis drei Wochen hat sich der Verdauungsprozess an die neue Situation angepasst und die Verdauung funktioniert wieder wie vor der Gallenblasenentfernung, mit dem Unterschied, dass nun die früher aufgetretenen, durch die Gallensteine verursachten Beschwerden fehlen.

Uebrigens: Wussten Sie, dass es viele Tierarten gibt, die keine Gallenblase haben: so z.B. bei den Säugetieren die Pferde, Hirsche, Giraffen und Ratten. Innerhalb der Vögel fehlt sie bei den Taubenarten und Papageien.

 
 
 
 
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Abbildung 1: Die Gallenblase als Reservoir der Galle auf ihrem Weg von der Leber zum Zwölffingerdarm


Abbildung 2: Eröffnete Gallenblase, prall gefüllt mit Gallensteinen


Abbildung 3: Möglichkeiten des Gallengangverschlusses durch eingeklemmte Gallensteine entlang der Gallengänge


Abbildung 4: Lage der Arbeitszugänge für Kamera und Instrumente bei der laparoskopischen Gallenblasenentfernung


Abbildung 5: Herauslösen der Gallenblase während der laparoskopischen Gallenblasenoperation